Montag, 25. Juni 2012

Alle zehn Plastikreiseenduros - Teil 1 von 2


Triumph Explorer, Ducati Multistrada, BMW R1200GS, KTM Adventure, Moto Guzzi Stelvio, KTM SMT, Kawasaki Versys, Triumph Tiger 1050, Yamaha Super Ténéré, Honda Crosstourer.
alle gegen alle. von Colt Surfazz




Triumph Explorer. Irgendwie, das ist ja jetzt auch vielfach so gesehen worden, ein seltsames Motorrad. Was soll man sagen, denkt man sich, wenn man gefahren ist. Geht gut, liegt stabil, sofort kontrollierbar, bespaßbar. Aber: Wo ist die Innovation? Starker Motor, allerdings ohne übermäßigen Druck von unten, da ginge mehr, mehr deshalb, weil man ja entspannt und druckig surfen will, da in den Bergen, die Serpentinen hoch und runter.

Kann voll schnell fahren

Die Sitzposition ist seltsam. Man fühlt sich ein bisschen so, als säße man als Kind am Tisch und kann kaum drüber gucken. Recht hoch das alles da vor einem. Mhhh, die Motorradwelt hat eine Sehnsucht. Beat the GS, heißt die. Die Zeitung MCN hat das umgesetzt, da gewinnt die Triumph in bester patriotischer Manier. Warum? Wahrscheinlich, wenn man die Buben von MCN kennt, weil die gerne Rasen.

scho hee, auch ohne Wüste

Der Deutsche denkt an den Kniewinkel und fragt sich, warum er dauern mit dem Fuß am Boden schlieft – ist halt niedrig, die Raste. Der Deutsche sagt: Sieht komisch aus, das Ding. Ist das jetzt Straße oder Gelände, oder nix? Oder nur gepooost? Der Deutsche sagt: Das sind die miesesten Koffer die es gibt. „Schwingend gelagert“, also klapprig und auf der Auspuffseite passt nen Ipad rein. Nix wars also, die Frau mal auf nen Wellnesswochende einzuladen. 300 Kilo-Mopeds mit denen man die Frau nicht zum Wellnessen einladen kann um sie dann in der Sauna anzufassen (während man andere Frauen anguckt), sind nicht akzeptabel.

Die Kawasaki Versys 1000 ist das seltsamste Motorrad, das ich kenne. Sie ist da und gleichzeitig ist sie nicht da, nicht existent, weil überflüssig, sie ist eigentlich gar kein Motorrad, weil sie gar nicht ist.

Leider nicht gaieeel, sondern überflüssig

Motorräder haben nämlich, selbst Motorräder wie eine Hayabusa oder eine Suzuki GS 450, die haben eine Seele. In die hier, da hat der Motorradgott keinen Atem reingepustet. Oder um in Kawasprache zu reden: Kein Drache drin da in dem Ding. Nur, vielleicht, und nur für ganz kurze Momente, wenn man den Motor über 6000 min dreht, dann kribbelts und ein kleiner Fuchhur jauchzt ein müdes Krächzen von sich.

Sieht scheiße aus, gell?

Sie ist eine Z 1000 mit aufrechter Sitzposition. Warum heißt sie dann nicht so und beschmutze den eigentlich ehrenwerten Namen Versys der kleinen Zweizylindermaschine, die so brav und lieb läuft? Dieses Motorrad ist belangloser als jede Honda CBR 1000 F, das härteste Urteil das ich fällen mag.

KTM 990 SMT Das ist ja ne Supermoto mit Koffern und einem Art Windschutz. Hey, das ist was für junge Leute, und die gibt es ja kaum mehr.

am schnellsten in den Bergen

Das ist was für Clemens vom Österreichischen Motorrad Magazin, obwohl der ja schon wieder die Adventure bevorzugt, weil er mit der in die Wüste nach Marokko kann oder nach Tunesien. Die SMT ist also für Leute, die mit der Supermoto in die Alpen wollen, ein bisschen Tankvolumen brauchen und Koffer. Und dann, ja, dann ist es leider Geil, weil: Es funktioniert.

ohne Schwungmasse

Dramatisch schrägt, der Motor drück sich durchs Band, surrt und die Bremse staucht das alles wieder runter. Ja, die KTM SMT, sie vibriert.

was der Micha so kann, geradeaus 
Die Moto Guzzi Stelvio - wer hat´s gedacht. Italien begreift, wenn auch Jahre später nach der Einführung, was sie da für einen Namen haben und dass man mit dem nicht spielt und fahrlässig umgeht. 



Selbst der Kollege Simon aus der Schweiz, der Sportmotorräder mag, mit R1en vor Bullen flieht, denkt an seine Frau mit warmen Herz und will seinen massiv teuren Honda Civic verkaufen, um sich ne Stelvio kaufen. Diese Sirene, dieses Biest! Der Motor ist fein, brummt und guzzit, nicht nur Guzzi-Fans endlich zum empfehlen. Das Fahrwerk saust das Ding beschwingt umher, mit leichtem Flex und Schwung, aber toll.


ich finds schön

Und auch das, was Japan so fehlt, der Geist, die Feinheit im Detail, hier haben die da an dem Oberitalienischen See echt dazugelernt. Danke – viva California.


Oh, Gott, wir bleiben in Italien, obwohl: Der Pikes Peak, so wie das Sondermodell von der Ducati Multistrad 1200 S heißt, der ist in den USA, da geht ein Rennerlesweg hoch und da ist die Multistrada mal am allerschnellsten hochgefahren. Gratulation.
Elektronik hält sie am Leben

Und damit erklärt sie sich selbst. Es bleibt ein Sportmotorrad. Wobei, eigentlich sagt man das zu schnell, ganz so stimmt das nicht. Ihre Ergonomie ist hervorragend, da brauch sie sich vor GS und Co. nicht verstecken. Die Mappings lassen sich so einstellen, dass Cruisen geht. Aber: Zappelig bleibt der Motor immer ein bisschen. Hat nicht mit der wohligen Brummwärme anderer Zweizylinder zu tun. Ihr großes Problem ist ihre Unruhe. Und zwar um die Querachse. Bei jeden bisschen Bremsen neigt sich nach vorn und beim Gasen nach hinten, jipih, was ne Schiffsschaukel. Das Gute: Die elektronisch einstellbaren Fahrwerkskomponenten lassen sich auf straff stellen. Im Sportmodus ist sie straff, hat aber auch den dramatisch kickenden Motor dann. Aber: jeder kann sein persönliches Setup programmieren.

mit Spielekonsole zum drücken

Normaler Motor mit straffer Druckstufe, dann geht’s besser. Aber: Sie bleibt ein tendenziell schwieriger zu fahrendes Motorrad. Nix für Anfänger und reine Landschaftsgucker. Nachdruck beim Einlenken will sie, sie strengt mehr an als alle anderen. Wer mit klarem Geiste die Straße angreift wird mit der Multistrada vorn sein, wer müde und ausgekühlt seinen 320sten Alpenkilometer fährt, muss aufpassen, nicht vom Moped zu fallen.


Fortsetzung:

http://surfazzblog.blogspot.de/2012/10/alle-zehn-plastikreiseenduros-teil-2.html